Sonntag, 11. September 2011

Unbetitelbar

Das Telefon klingelt. Ich renne die Treppe hoch und nehme ab.
"Hallo Kleines! Hol mir mal schnell die Mama ran!", höre ich meinen Vater aufgeregt in die Freisprechanlage des Autos rufen. Ich laufe also wieder herunter und gebe den Hörer weiter.
"Mach' schnell den Fernseher an!", sagt sie zu mir.
Zu sehen ist ein Nachrichtensprecher und im Hintergrund ein Bild von zwei großen Gebäuden. Das eine brennt.
"Oh, mein Gott! Was ist da los?...Aber das kann doch auch ein Unfall sein."
Ich verstehe gar nichts. Erst vor ein paar Tagen ist hier in der Nähe eine Scheune abgebrannt. Und das kam auch nicht in den Nachrichten.
Jetzt werden bewegte Bilder gezeigt. Menschen brüllen und schreien. Der ganze Himmel ist voller Qualm. Man hört Feuerwehrwagen.
"Mama, was ist das?", frage ich verwirrt.
"New York", antwortet sie nur.
Das Telefon klingelt erneut.
Mama reagiert nicht, also nehme ich ab. Es ist eine Freundin von ihr und ich reiche sie weiter.
Nun wird wieder der Nachrichtensprecher gezeigt. Auch er wirkt ganz komisch. 'Diese Häuser müssen aber berühmt sein', denke ich.
"Wir erhalten gerade die Mittelung, dass ein zweites Flugzeug in den Südturm geflogen ist", sagt er.
Mama beginnt zu weinen.
"Nein, das kann kein Unfall mehr sein!", sagt sie in den Hörer.
'Wer brennt denn Häuser an. Das tut man doch nicht. Da sind doch Menschen drin!', denke ich.
Mama legt auf.
"Mama, was passiert da? Wieso brennen die Häuser und warum ist das so schlimm? Die Scheun kam auch nicht ins Fernsehen!"
Sie nimmt mich in den Arm.
"Das ist das World Trade Center in New York. Da sind ganz viele Büros drin. Das war auch auf der Postkarte von Kate abgebildet, weißt du noch? Das sind zwei sehr hohe Wolkenkratzer und heute sind dort zwei Flugzeuge reingeflogen."
Es klingelt wieder. Jetzt nimmt Mama ab.
"Ja, es wurde gerade gesagt... Nein, das kann kein Unfall mehr sein... Ja, mach das." Sie legt auf.
"Aber wieso fliegt jemnd in ein Haus. Das tut doch weh!", sage ich.

Später erklärte meine Mutter mir, wer das gewesen war und wieso. Ich weiß noch, dass ich auf der Küchenablage saß und immer wieder gesagt habe, dass das doch niemand freiwillig macht, wenn man dabei stirbt. Heute weiß ich, wie verblendet diese Menschen waren.
Ich lese und höre von vielen Leuten, wie wütend sie sind. Doch, wenn ich an den 11.9.2001 denke, werde ich erst traurig und mir tun die Attentäter sogar leid. Ich möchte nicht, dass ihr jetzt denkt, ich wolle einen auf Mutter Teresa machen, denn auch ich bin wütend, aber erst zweitrangig. Und ich bin wütend auf Mr. Bush, der wirklich alles falsch gemacht hat, was man falsch machen konnte.
Ich bewundere die Feuerwehrleute und Polizisten, die in die Gebäude gelaufen sind, um Menschen zu retten.
Mein tiefster und aufrichtigster Respekt gilt jedoch den Menschen, die im Flugzeug saßen, dass sein Ziel verfehlte. Sie wussten, dass sie sterben würden, wollten den Attentätern jedoch nicht die Genugtuung geben, ihren Plan erfüllt zu haben. Sie stürzten sich auf die Mörder und brachten das Flugzeug über einem Feld zum Stürzen. Das ist wahrer Mut. Mein Mitgefühl und meine Gebete gelten vor allem heute, den Überlebenden, Toten und Angehörigen des 11.9.2001.

1 Kommentar:

  1. "eigentlich wollt ich dir nur schreiben, jup, zalando is teuer. aber schön."

    aber nach diesem post von dir, klingt das irgendwie abartig und sehr sehr unpassend.

    falls du ihn noch nicht gesehen hast, dann solltest du dir unbedingt diesen film ansehen:

    http://mimishexenkessel.blogspot.com/2011/08/92-esprit-du-temps.html

    dann siehst du die ganze geschichte vielleicht auch etwas anders.
    tragisch, ja. vor allem die unschuldigen... schrecklich. ich kann mir nicht vorstellen, dass bzw. warum menschen zu so etwas in der lage sind. immer die selben beweggründe... macht. macht. macht.

    und kein noch so bedauernswertes wort bringt die toten zurück ins leben.

    ich bin froh, dass ich in einer kleinen stadt wohne, die hoffentlich weiterhin unauffällig genug ist, um heil durch zu kommen. durch diese gruselige welt.

    alles liebe. dennoch.

    AntwortenLöschen